Kaffeefahrt oder Marketinginstrument?

Am gestrigen Abend hatten wir das Vergnügen, an einem kostenlosen Abendseminar mit dem – überzeugenden – Titel “So überzeugen Sie jeden” teilzunehmen. Das hörte sich doch interessant an und daher sind wir der Einladung des XING-Kontaktes gerne gefolgt und haben uns aus der langen Liste von Veranstaltungsorten Bielefeld ausgewählt. Eine Stunde Anreise war es uns wert.

In der Einladung wurde auf eine Website verlinkt, auf der man sich für einen Veranstaltungsort anmelden kann. Die komplette Website ist auf den “gefragten Verkaufstrainer und Verkaufsexperten” – so die Website – bezogen und es wird sehr intensiv mit seinem Namen geworben. Ich habe erwartet, ihn persönlich zu erleben. Da hätte ich wohl genauer lesen müssen – oder anders ausgedrückt, ich hätte erkennen müssen, dass seine Anwesenheit nicht explizit erwähnt wurde. Nun ja, egal. Uns wurde also ein einstündiges Video präsentiert, das immer wieder für kleine Aufgaben unterbrochen wurde.

In diesem Video erläuterte der “Spezialist für Verkaufslinguistik und Verkaufshypnose”, wie sein Seminar/seine Seminarreihe aufgebaut ist, was man dort lernt und welche Inhalte ein Verkaufsvorgang beinhaltet. Leider arbeiteten die Macher des Videos mit “zeitgemäßen Effekten”: Unmotivierte und wahllos eingestreute Sequenzen, die vom Portrait auf das Profil, die Augen oder die Hände des Vortragenden blendeten. Technischen Spielereien, die vom Inhalt ablenken und auf Dauer anstrengend sind.

Das Fachwissen des Experten, laut eigener Website immerhin “einer der besten Verkaufstrainer in Europa”, maße ich mir nicht an zu beurteilen. Dazu waren die Videosequenzen zu kurz und die Themen nur angerissen. Es folgte der Hinweis, dass diese Themen in den Seminaren sehr ausführlich behandelt werden.

“Bleiben Sie auch beim Kunden Sie selbst!” war eine der Aussagen, die man nicht nur auf dieser Veranstaltung immer wieder hörte. Stimmt! Der Meinung bin ich auch, zumal ich ein schlechter Schauspieler bin. Gleichzeitig sollte man aber, so z.B. eine der Aussagen aus dem Video, den Namen des Gegenübers immer mal wieder in das Gespräch einstreuen um die Aufmerksamkeit zu erhöhen. Das erinnert mich an ein Telefonat, welches ich in der letzten Woche hatte:

Ring – ring – ring
“361gradmedien. Sie sprechen mit Rainer Brettner.”
“Hier ist die Firma xy. Spreche ich mit Herrn Brettner?”
“Ja.”
“Mit Herrn Rainer Brettner?”
“Ja!”
“Das ist aber schön, Herr Brettner, dass ich Sie erreiche. Wir haben uns mit Ihrem xy-Vertrag befasst, Herr Brettner, und … ”
KLICK – An dieser Stelle habe ich das Gespräch beendet.

Sehr unhöflich? Nein, im Gegenteil! Wäre das Gespräch noch weiter gelaufen, dann wäre ich unhöflich geworden. Liebe Telefonverkäufer, probiert eure in Verkaufstrainings erlernten Handlungsabläufe bitte nicht bei mir aus. Ich bin nicht besser gestimmt, wenn ich zweimal “ja” gesagt habe. Und es freut mich auch nicht, wenn ich meinen Namen in quasi jedem Satz höre.

Und damit bin ich wieder beim Thema. Ich fühle mich werder ernster genommen noch persönlicher angesprochen, wenn mein Name permanent erwähnt wird. Und ich denke, dass ich mit meiner Meinung nach nicht alleine stehe. Natürlich begrüßt man eine Person mit dem Namen. Das hat aber noch nichts mit “Verkaufen” zu tun, sondern mit einem gewissen Grad von Erziehung und Höflichkeit. Gewiss werden die “Verkäufer” nun mit dem Kopf schütteln und auf ihre Erfolge hinweisen. Mein Glückwunsch!

(Nicht minder nervtötend sind die roboterartig in den Hörer gesprochenen, gefühlte Minuten dauernden Ansagen à la “Kleinbürger & Söhne Vertriebsgesellschaft mbh, Ihre Spezialisten für wiederbefüllbare Toner-Kartuschen. Sie sprechen mit Chantal Dombrowski. Was kann ich für Sie tun?”. – Aber dazu später mehr.)

Wie bereits erwähnt, war der gestrige Abend nicht dazu da, in die Tiefen der “Verkaufshypnose” einzutauchen. Es sollte lediglich ein grober Überblick der Seminarinhalte geboten werden. Hier sei dann doch der Vergleich zu einer Kaffeefahrt erlaubt, bei dem man am Ende des Vortrags einen Vertrag vorgelegt bekommt. Das ist das gute Recht des Anbieters, der natürlich auch seine Seminare verkaufen möchte. Auch an dieser Stelle gilt, dass ein bisschen weniger oftmals mehr ist.

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    • peter70
    • 25. Nov. 2010

    Sofort erkannt um wen es geht. Auf was man sich da einlässt, sollte aber schon vorher klar sein. Mir reicht ein Blick auf die Seite des Experten. Da werden künstliche Verkaufsroboter gezüchtet. Grüsse vom Niederrhein.

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